Sonntag, 25. Januar 2009

Vogelhochzeit

Die wenigsten werden es wissen, aber heute, am 25. Januar ist Vogelhochzeit. In einem kleinen Teil Deutschlands - der Lausitz - feiern sorbische und deutsche Kinder heute mit vielen Leckereien. Die Tradition will es, dass die Vögel als Dank für die Fütterung im Winter den Kindern süße Sachen schenken, die sie des Nachts auf einen vorbereiteten Teller legen. Zusätzlich gibt es Theatervorführungen, zu denen in den Tagen vor dem 25. sämtliche Kindergartengruppen und Grundschulklassen hingekarrt werden und zu denen auch immer eine "sroka", eine Elster aus Teig, für jedes Kind gehört. In meiner Kindheit gehörte die Vogelhochzeit zu den wichtigsten Festen im Jahr, ebenso selbstverständlich wie Fasching, Ostern, Nikolaus oder Weihnachten.
Da der Süditaliener verständlicherweise noch nichts von diesem Brauch gehört hat und es hier in Berlin auch die vielen dazugehörigen Leckereien nicht zu kaufen gibt, nutzten wir einen Ausflug in meine alte Heimat, um uns mit dem nötigsten einzudecken: Srokas, Creme-Vögel, Schaumvögel, Cremenester, Nougatnester und "Schmätzel" - Baisers mit weichem Inneren in den verschiedensten Farben.
Da unser Heimattrip schon ein paar Tage zurückliegt, haben wir bereits soviel Vogelhochzeitskram gegessen, dass heute, am eigentlichen Hochzeitstag, schon fast der Appetit darauf versagt. Aber ein kleines bisschen muss schon sein!

Samstag, 24. Januar 2009

Multikulturelles Abendmahl

Gestern trafen sich in einem leicht verfallenen Haus in der Mitte Berlins, direkt an der meistbefahrenen Zugstrecke Europas, drei multikulturelle Pärchen zu einem persischen Abendessen. Außer uns waren dies jeweils ein deutsch-persisches und ein deutsch/persisch-italienisches. Interessant war auch der unterschiedliche Grad des "Deutschseins":

  • zwei "Volldeutsche", einmal Ost-, einmal West-
  • eine größtenteils in Berlin aufgewachsene Perserin, die beide Sprachen perfekt beherrscht
  • ein größtenteils in Ostfriesland aufgewachsener Perser, der kein Farsi spricht, aber dafür lecker persisch kochen kann
  • ein seit Jahren in Deutschland lebender Germanist aus Italien, dessen Deutsch immernoch recht... speziell... ist
  • ein seit vergleichsweise recht kurzer Zeit in Deutschland lebender Süditaliener mit perfektem Deutsch
Eine witzige Kombination, die sich da, auf dem Boden um eine aus den Angeln gehobene Tür versammelte, um folgendes zu verzehren: Orangen-Pistazien-Suppe, Spinatkuchen, Lamm-Pflaumen-Quitten-Eintopf, Szabzi und Safrancreme. Dazu gab es italienischen Wein und grünen Tee, lustige Gespräche und zum Schluss eine nette Partyversion von "Stadt Land Fluss", die deutlich unter dem Einfluss der unterschiedlichen Herkunft der Spieler stand. Sehr schöner Abend, wird bestimmt wiederholt.

Achja, und: Ostfriesen, Hessen und Westberliner wissen nicht, was Sorben sind!

Donnerstag, 8. Januar 2009

Politisch Inkorrektes (01)

Wenn der Süditaliener mit seinen Eltern in Bella Italia skypet und sie ihn daran erinnern, dass er doch bitte ganz viel "lavora!" [arbeiten] soll, dann kann er, als braver nichtpraktizierender Katholik sagen: "Papà, wir sind doch keine Protestanten!!!" - Tut er auch.

Und ich lehne mich entspannt zurück, denke "Puh, ich auch nicht, schön weiter rumsurfen..." und freue mich meines Heidentums :)

Mittwoch, 7. Januar 2009

Du merkst, dass Dein Freund Italiener ist, wenn (01)

  • Er für Kartoffelsalat und Spiegelei tiefe Teller deckt.
  • Er fingerdicke Brotscheiben fürs Abendbrot schneidet.
  • Er sich einen dicken Klecks Quark neben den Kartoffelbrei schaufelt ("Kartoffeln und Quark, isst man doch so!")
  • Ihm im Eifer des Gefechts öfters mal ein "H" oder ein Personalpronomen flöten geht... "'ast Du gesehen?!"
Sooooo süüüüüüüß! ;)

Dienstag, 6. Januar 2009

Ihre ausländische Krankenversicherung

Der gestrige Tag weckte bei mir ein Forschungsinteresse: Wie offen und integrativ ist Deutschland wirklich? Seit ich in einer multikulturellen Beziehung lebe, habe ich ja nun die Gelegenheit, mir die Demokratie dieses Landes auch mal von der Außenseite anzusehen. Gestern sah das nicht so gut aus.
Da musste ich nämlich meinen Süditaliener von Fieberkrämpfen geschüttelt und mit erbarmungswürdiger Schniefnase zum Arzt transportieren. Auf die Frage nach seinem Hausarzt erfuhr ich, dass er vor drei Jahren das letzte Mal bei einem Allgemeinmediziner war und wir riefen nun also da an und machten uns auf den Weg, um pünktlich zu Beginn der Sprechstunde dort zu sein - meiner Erfahrung nach der beste Weg, schnell zum Arzt vorgelassen zu werden.
Und richtig, wir standen an dritter Stelle in der Schlange zur Anmeldung und da der Opa vor uns nur ein Rezept brauchte, waren wir also dann sogar auf Rang zwei der Hackordnung - dachten wir zumindest. Denn es gab ein kleines Problem mit der Krankenversicherung. Der Süditaliener hat nämlich eine EU-Krankenversicherung, damit er sowohl hier in Deutschland, als auch in der Heimat ohne Probleme zum Arzt gehen kann. Das ist fortschrittlich und umsichtig gedacht. Laut EU-Richtlinien sollte jeder Arzt das entsprechende Formular für die Abrechnung vorrätig haben. Sollte...
Der Medizinmann unserer Wahl zieht es nämlich vor, Patienten mit einer anderen als einer deutschen Krankenversicherung nur auf Rechnung zu behandeln und den Schwarzen Peter der Verhandlung dem Patienten zuzuschieben. Und obwohl die Abrechnung in diesem Fall über eine recht bekannte deutsche Krankenversicherung ablaufen würde, konnte uns die Sprechstundenhilfe da nicht weiterhelfen. Wir mussten bar bezahlen und sollen uns das Geld nun von "Ihrer ausländischen Krankenversicherung" wiederholen. Auch die Erwiderung, dass die Versicherung keineswegs ausländisch, sondern europäisch sei, brachte keinen Erfolg.
Bis wir allerdings zur Klärung all dieser Widrigkeiten vordringen konnten, hatte Frau Sprechstundenhilfe bereits die gesamte Schlange hinter uns bearbeitet und so landeten wir von Platz zwei gnadenlos auf dem letzten Platz im Wartezimmer - ohne Taschentücher und mit über 38°C Fieber!